Dienstag, 14. Oktober 2014

Fußreisen und Meer auf Madeira

Porto da Cruz mit dem Adlerfelsen
Seit dreizehn Jahren habe ich davon geträumt, einmal in einem Lorbeerwald auf Madeira wandern zu gehen. Damals, im Jahr 2001, feierten wir den 80. Geburtstag meiner Mutter. Vier Tage lang wütete ein Sturm auf der Insel. Letzte Woche ist der Lorbeertraum wahr geworden. Wie damals wohnten wir in einem Touristenhotel am Atlantik, diesmal im Osten, in der ältesten Stadt Machico, wo am 8. Oktober das Fest "Senhor dos Milagres" gefeiert wird. Doch dazu komme ich später. Den Weg an der Straße nach Porto Moniz haben wir nicht mehr gefunden. Aber gleich am ersten Tag sind wir elf Kilometer an einer sogenannten Levada entlanggelaufen, von der Forellzuchtstation Ribiero Frio nach Portela. Eine Levada ist ein klarer, fließender Bewässerungskanal, der das Wasser vom regenreichen Inneren der Insel auf die unteren Terrassen bringt. Am Schluss ging es steil hinunter, auf einer dieser etwas mühsam zu begehenden Treppen. Der Ort Portela ist klein, hat aber Taxis und eine urige Berggaststätte. Im Ofen brannte ein Feuer. Das war aber nicht dazu da, um die Gäste zu wärmen (die Durchschnittstemperatur beträgt das ganz Jahr über 19-23°), sondern um die Rindfleischspieße "Espedatas", gewürzt mit Lorbeer, Salz und Pfeffer, knusprig zu grillen. Es war ein leicht zu begehender Weg, erst später sollte ich merken, wo meine physischen und psychischen Grenzen sind.

Samstag, den 4. Oktober 2014
Ankommen

Doch nun mal der Reihe nach. Seit dem letzten Weihnachtsfest hatten mein Sohn David und ich uns vorgenommen, einmal eine kleine Reise miteinander zu machen. Im Winter auf eine Insel, das wäre doch ein schönes Kontrastprogramm zu seinen Fernreisen und beruflichen Aufenthalten in anderen Ländern und zu meinen Deutschland-Auto-und Wanderreisen, die in den vergangenen Jahren oft im Stau, an einer der vielen Baustellen oder im Regen endeten. An Weihnachten ist alles überfüllt mit Leuten, die gleiche Bedürfnisse wie wir zu haben scheinen. Im Oktober dieses Jahres war es dann endlich soweit. Ich ware also am Freitag Abend nach Frankfurt gereist, mit der üblichen Verspätung der Bahn. Und am Samstag Mittag erhob sich der Vogel von der TAP Portugal in die Lüfte. Seit acht Jahren bin ich nicht geflogen, und die Prozedur der Leibesvisitation ist noch um einiges "peinlicher" geworden, dank der Terrorisierung unserer Welt, es darf noch nicht einmal ein Kugelschreiber oder eine Wasserflasche im Handgepäck sein. Dafür tat sich über Lissabon (Zwischenlandung) der Himmel auf. Ich konnte den Torre Belem (spricht sich: Belei), die Burganlage und das Bairro Alto mit seinen verwinkelten Gassen erkennen.
Lissabon
Ich erinnerte mich daran, wie ich einst mit einem Freund dort in der Jugendherberge war und auf dem Weg in die Stadt von einer dunklen Gestalt verfolgt wurde. Gerettet wurden wir durch einen Taxifahrer, der uns hinunter in die Stadt mit ihren Lichtern brachte. Der einzige Fixpunkt, der uns einfiel, war der "Torre Belem", und wir es inzwischen richtig aussprechen konnten, landeten wir auch dort.

Mit dem letzten Sonnenstrahl verließen wir den Flughafen von Santa Cruz, der im Vergleich zum Frankfurter sehr übersichtlich und heimelig ist. Den Mietwagen, einen Fiat Punto, mussten wir weiter unten abholen. Und so gelangten wir äußerst bequem unseren Ort Machico, der malerisch an einer Bucht gelegen ist und das Hotel "Dom Pedro", zwei Einzelzimmer mit Balkon und Meeresrauschen. Es gibt ein sehr gutes Fischrestaurant hinten am Jachthafen, "Peixe o Mariscos", in dem wir in der Folge von Muscheln über Espada (Degenfisch) bis Dorade, Napfschnecken und Garnelen alles durchprobieren sollten. Auch ein oder zwei Austern habe ich mir mal wieder gegönnt, die hatte ich seit einem Aufenthalt in der Bretagne in den neunziger Jahren nicht mehr gegessen (kostete nur 2,- Euro das Stück).



Sonntag, 5. Oktober 2014 
Levada-Wanderung von Ribeiro Frio nach Portela

Der Weg nach Ribeiro Frio führt über die Schnellstraße, vorbei am Kap von Sao Lourenco und den dichten Wäldern oberhalb von Porto da Cruz. Die Berge sind steil und spitzkegelig, oft durchquert die Straße sie durch dunkle, feuchte Tunnels. Dann geht es hinein in die Berge, steile, kurvenreiche Wege hinauf bis zur Forellenzuchtstation von Ribeiro Frio. Es ist ein beliebtes Ausflugsziel, für Touristen und die madeirische Bevölkerung gleichermaßen. Nach der kurzen Wanderung zum Aussichtspunkt Balcoes kann man hier in einem der Restaurants einen dieser Fische genießen, frisch aus dem klaren Bergwasser.
Forellen
 Der Levadaweg beginnt unterhalb des Gasthauses „Ribeiro Frio“, überquert eine alte Steinbrücke über den wilden Bach und erreicht bald die Levada do Furado. Er ist gesäumt von Lorbeerbäumen, Ahorn, blauen Hortensien, blau blühendem Agapanthus, Moosen, Riesenfarnen und Flechten, die wie Bärte in den alten Bäumen hängen. In der Erdneuzeit, Paläogen und Neogen, bedeckten ausgedehnte Lorbeer-, Laurazeenwälder, weite Teile Südeuropas und Nordafrikas. Heute sind sie noch in Resten auf den Azoren, den Kanaren, Kapverden und besonders eindrucksvoll auf Madeira vorhanden. Der Weg ist feucht, aber gut begehbar, er führt immer leicht abwärts an der Levada entlang. Kein Vogel zirpt, nur manchmal sitzt ein Buchfink am Weg. Ab und zu plätschert ein kleiner Wasserfall eine bemooste Felswand hinab in die Levada, immer wieder kommt die Sonne kurz heraus und gibt den Blick frei auf die höchsten Berge, Pico do Ariero, Pico das Torres und Pico Ruivo, später auf Porto da Cruz mit seinem imposanten Adlerfelsen. 
Der Levada-Wanderweg


Blick auf die Berge


Moosbewachsene Felsen


Farn über der Levada


Der Lorbeerwald





Außer uns sind viele Wanderer unterwegs, meist Deutsche, aber auch Franzosen und Amerikaner. Ab und zu müssen Bäche durchquert werden, meist in kleinen Talkesseln mit ebenso kleinen Wasserfällen. Manchmal verengt sich der Weg, wird ausgesetzt, das heißt, er fällt nach einer Seite steil ab und ist dann mit Drahtseilen gesichert. Auch Tunnels und enge Felswände müssen durchquert werden. Manchmal gehen wir auf Holzbohlen, mit denen die Levada abgedeckt ist. 
Später wird der Weg breiter, das vom Wanderführer angekündigte Forsthaus war zu dieser Zeit nicht bewirtschaftet. Die Vegetation wird mediterraner: leuchtend violette Malven, Eukalyptusbäume, Hortensienbüsche, Feuerlilien. 
Mit schönen Blicken auf das Meer und die Terrassen geht es allmählich hinunter nach Portela. Am Schuss kommen noch endlose steile Stufen, sie sind das Einzige, was mich bei unseren Madeirawanderungen etwas gestört hat. Aber immerhin haben wir 11 Km geschafft! Wir werfen noch einen Blick hinunter auf Porto da Cruz und kehren im Gasthaus „Portela“ ein, einem urigen Bergwirtshaus, mit einer Seitenkammer, in der ein Feuer im Ofen brennt. 
Der Kellner zieht das Rindfleisch (Lomo, Lende) auf zwei Metallspieße, legt sie neben die Glut und serviert sie wenig später zusammen mit pommierten Kartoffeln am Tisch. Sie werden aufgehängt, der Saft tropft in eine Schale. Selten hat mir etwas so gut geschmeckt, vergleichbar nur das Fladenbrot mit Knoblauch und Kräutern. Ein Taxi bringt uns zurück, über die Hochebenen mit Lärchen und Fichten im Nebel, fast wie im Schwarzwald, zu unserem Ausgangspunkt in Ribeiro Frio. Der Taxifahrer - er spricht fließend englisch wie die meisten Menschen auf Madeira, erzählt, dass vor allem die Deutschen dafür bekannt seien, dass sie unaufhörlich wandern.
                                                   


Ausgangspunkt:Ribeiro Frio
Endpunkt: Portela
Shwierigkeitsgrad: leicht bis mittelschwer (ich fand ihn leicht zu gehen)
Gehzeit: ca. 3 Stunden
Höhendifferenz: 250 Meter hinab
Wegbeschaffenheit: Levada-Steig, teilweise schmal und ausgesetzt, gesichert
Wanderausrüstung

Die Wanderung haben wir dem sehr guten Reiseführer"Madeira/Porto Santo von Daniela Schetar und Friedrich Köthe entnommen, Reise-Know-How-Verlag 

Den Rest des Tages verbringen wir mit einem Tripp an die Nordküste. Nach einem Kaffee in Sao Jorge hoch oben über dem Meer biegt mein Sohn ab, nachdem er in seinem Smartphone Google Maps zu Rate gezogen hat. Das ist wirklich fantastisch, wie man sich damit inmitten der Pampa zurechtfinden kann! Wir kommen, nach endlosen Windungen, zu einem einsamen Strand mit ein paar Häusern. Große, schwarze Steine am Strand, Madeira ist ja eine Vulkaninsel, und weißbrechende riesige Wellen. Ein Moment in wirklich großartiger Natur.

(c) Christa S. Lotz - Fortsetzung folgt

                                     













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