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Bad Urach - zwischen Albtrauf, Höllenlöchern und Wolkenstühlen
Bad Urach - zwischen Albtrauf, Höllenlöchern und Wolkenstühlen
Kommt man von der Albhochfläche auf die Stadt zugefahren, die ganz tief im Tal eingebettet liegt, sieht man die weißen Felsbänder auf der gegenüberliegenden Seite und fühlt sich an Mörikes Gedicht „Besuch in Urach“ erinnert:
Da seid ihr alle wieder aufgerichtet,
Besonnte Felsen, alte Wolkenstühle!
Auf Wäldern schwer, wo kaum der Mittag lichtet
Und Schatten mischt mit balsamreicher Schwüle.
Kennt ihr mich noch, der sonst hierher geflüchtet,
Im Moose, bei süß -schläferndem Gefühle,
Der Mücke Sumsen hier ein Ohr geliehen,
Ach, kennt ihr mich, und wollt nicht vor mir fliehen?
Besonnte Felsen, alte Wolkenstühle!
Auf Wäldern schwer, wo kaum der Mittag lichtet
Und Schatten mischt mit balsamreicher Schwüle.
Kennt ihr mich noch, der sonst hierher geflüchtet,
Im Moose, bei süß -schläferndem Gefühle,
Der Mücke Sumsen hier ein Ohr geliehen,
Ach, kennt ihr mich, und wollt nicht vor mir fliehen?
In steilen Kehren mit atemberaubenden Ausblicken geht es hinab. Bad Urach liegt in einer sogenannten Talspinne, das heißt, vom Ermstal, in das Urach eingebettet ist, zweigen insgesamt fünf Flusstäler ab. Im 11. Jahrhundert stand hier ein Wasserschloss, aus dem sich ein Marktflecken entwickelte. Graf Eberhard im Barte, der Vielgeliebte, wurde 1445 im Schloss Urach geboren. Ihm sind die Amanduskirche und das Rathaus zu verdanken. Bei seiner Heirat 1474 mit Barbara Gonzaga von Mantua wurde ein rauschendes, alles übertreffendes Fest im Schloss gefeiert. Als Schlossbesucher kann man das „hautnah miterleben“, indem man sich Kopfhörer ausleiht und den Spuren der Vergangenheit durch die Residenz folgt. Da hört man den Lärm der Zecher, erfährt, dass Graf Eberhard in den drei Tagen seiner Hochzeit 16500 Laib Brot ausgab, zwölf Eimer Rheinwein, 500 Eimer Neckarwein. Eberhards Frau, die Gräfin Barbara von Mantua-Gonzaga, heiratete er im zarten Alter von 13 Jahren (er selbst war 29). Auch wenn sie ihrem Gatten keine Kinder schenkte, war die Ehe glücklich.
Im evangelisch-theologischen Seminar neben der Kirche hielt sich Eduard Mörike als Stipendiat auf.
Im Jahre 1818 wird Eduard – auf dem „Gnadenwege“, weil er das Landexamen nicht bestanden hatte – in das Niedere Theologische Seminar Bad Urach aufgenommen. Hier lernt er die Werke von Shakespeare, Goethe, Jean Paul und der Romantiker kennen. Seine Gesundheit ist angegriffen. Er schließt Freundschaft mit Johannes („Jobst“) Mährlen und Wilhelm Hartlaub, später mit Wilhelm Waiblinger. Waiblinger nimmt an den Lektionen des Uracher Seminars von Stuttgart aus sporadisch teil; er besucht dort das Obere Gymnasium.Württemberg ist zu dieser Zeit Kurfürstentum; dem Namen nach besteht noch das Römische Reich Deutscher Nation. Wilhelm I. regiert von 1781 – 1864 als König von Württemberg; er ist ein nüchterner, vernünftiger, gebildeter Monarch, der jedoch liberal- demokratische Ideen für verderblich hält. In den theologischen Seminaren herrscht eine strenge Zucht. Dem Drill im Tagesablauf entflieht Eduard durch Dichten und Umherschweifen in der wunderbaren Natur rund um Urach.
Wanderung: Uracher Wasserfall-Runder Berg –Rutschenfelsen –Fohlenhof -Gütersteiner Wasserfälle
Der Weg zum Wasserfall wird ständig vom klaren Brühlbach begleitet, der über Steine und Kiesel talabwärts fließt. Links erhebt sich der dicht bewaldetete Schlossberg, rechts öffnen sich Wiesen und Baumgruppen, dahinter die Kuppe des Runden Berges. Zum Wasserfall geht es ein Stück hinauf. Hier ist es im Winter, wenn der Fall zu einem bizarren Eisgebilde erstarrt ist, glitschig, zu jeder anderen Jahresszeit aber gut begehbar.
Über eine Tuffnase rauscht der Brühlbach, der weiter oben auf der Hochwiese entspringt, hinab und sprüht tausend gischtige Tropfen. In trockenen Sommern kann der Bach auch einmal versiegen. Besonders eindrucksvoll ist das Schauspiel nach längeren Regenfällen. Weiter geht es auf einem Halbhöhenweg durch den Wald, durch die „Höll“, Richtung „Runder Berg“ und „Rutschenfelsen“. Zwischen April und Mai ist das Unterholz vom Duft des Silberblatts erfüllt.
Silberblatt |
Blick vom Rutschenfelsen auf Hohenurach |
Über den Bergsattel geht es zurück zum Wanderweg. Er führt nun weiter hinauf auf den Rutschenfelsen, von dem sich eine einmalige Aussicht auf Urach, das Tal und die umliegenden Berge bietet. Der Name kommt daher, dass früher die Baumstämme über diesen Felsen zu Tal gebracht wurden. Ochsen zogen die Baumstämme an den Rand, dann wurden sie mit Hilfe einer hölzernen, später gusseisernen Rutsche hinabgelassen. Der Weiterweg (Richtung Fohlenhof) führt über steinigen Untergrund, durch Buchenwälder zum Fohlenhof, einer Abteilung des Landesgestüts Marbach. Richtung „Gütersteiner Wasserfälle“ geht es durch Wiesen bis zum Waldrand und zum Tal hinunter. Auf halbem Weg trifft man auf die Gütersteiner Wasserfälle, die über unzählige Tuffsteinstufen sprudeln. Einst stand hier ein Kloster, von dem keine Reste mehr erhalten sind. Es wurde von 1279 bis 1439 von Benediktinern bewohnt, dann in eine Kartause umgewandelt, welche bis 1534 bestand. Die abgeschiedene, schwer zugängliche Lage war ein idealer Standort für den Eremitenorden der Kartäuser. In Kehren geht es weiter hinab bis ins Maisental, von wo aus man bald wieder den Wanderparkplatz erreicht.
Ebenfalls sehenswert sind die Schillerhöhle, in der nach Weinland Rulaman gehaust hat, dicht dabei der Rulaman-Wanderweg, die Ruine Hohenwittlingen, der Bröller, ein Quelltopf, der Heidengraben und der Dolinenweg bei Hengen.
Im Jahr 2011 – immer in den Jahren mit ungeraden Zahlen - feiert Urach wieder seinen Schäferlauf, um Jakobi herum. Die Geschichte dieses Volksfestes geht in das Jahr 1723 zurück. Auch heute noch wird der Lauf traditionell abgehalten. Um fünf Uhr in der Frühe wird die Tagwache geblasen, eine Stunde später folgt das Böllerschießen von den Höhen. Nach Eintreffen des „kleinen Festzuges“ wird der Bürgermeister im Rathaus abgeholt, der anschließend den Ehrentanz mit einem Metzgermädchen tanzt. Nach Kirche und Festzug mit Schäferkönigskutsche tanzen auf dem Festplatz die Kreisreiterpaare ihre alten Tänze, den Metzger- und den Bechertanz. Höhepunkt sind der Schäferlauf sowie die Wettläufe der jungen Schäfer und der Schäfermädchen. Ein Schäferkönigspaar wird gekrönt, und schließlich tritt der „Uracher Schäferreigen“ auf.
Die Schafhaltung hat eine sehr alte Tradition auf der Schwäbischen Alb. Den Schafen haben wir die Wacholderheiden zu verdanken, da sie deren Triebe und auch die der Orchideen wegen ihrer Bitterkeit nicht fressen. So wurde verhindert, dass der Wald wieder Besitz von den Heiden ergriff. Eine Zeit lang ging die Schäferei stark zurück, ist aber wieder dabei, sich zu entwickeln. Auch erfreuen sich Lammgerichte immer größerer Beliebtheit. Einige Restaurants haben sich auf „Alb-Lamm-Gerichte“ spezialisiert. Das beste Lammkeulenrezept entstammt einer Anregung aus dem damaligen „Zeitmagazin“. Mit persönlichen Abwandlungen gebe ich es hier wieder.
Lammkeule (das Fünf-Stunden-Lamm)
1 Alb-Lammkeule mit Knochen
2 Knoblauchzehen
4 EL ÖL oder Butterfett
1 Zweig Rosmarin
1 Bund Suppengrün
2 Zwiebeln
1 Flasche Rotwein
2 Becher saure Sahne oder Creme fraiche
Salz, schwarzer Pfeffer
Dickere Fettschichten von der Keule entfernen, mit einem Messer einstechen und mit Knoblauchstiften spicken. Das Fleisch mit etwas Öl beträufeln, einreiben. Suppengemüse würfeln, zsammen mit gehackten Zwiebeln in einer Pfanne anrösten. Backofen auf 150° vorheizen. Öl oder Butterschmalz in einem Bräter erhitzen, Keule scharf anbraten. Salzen und pfeffern. Mit ¼ l Rotwein ablöschen, Suppengrün und Rosmarin zugeben, Bräter in den Ofen schieben. Lammkeule jede Stunde wenden, Rotwein nachgießen, mit etwas saurer Sahne binden. Nach 4 ½ Stunden restlichen Wein und Rest der sauren Sahne nachgießen. Nach 5 Stunden probieren, ob sich das Fleisch vom Knochen lösen lässt. Ruhen lassen. Bratensatz durch ein Sieb gießen (oder das Gemüse mit servieren) und mit der restlichen Sahne binden. Im Stück zusammen mit grünen Bohnen und Salzkartoffeln servieren. Dieses „5-Stunden-Lamm“ ist ein Gericht, in das Gäste hineinkriechen könnten! Eine etwas weniger aufwendige und „schlankere“ Methode wäre eine kürzere Garzeit (Keule rosig gebraten, schmeckt auch sehr gut), dazu einfach als Soße den Lammjus geben.
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