Sonntag, 31. Juli 2011

Die Insel Reichenau, Scheffel und Walafried Strabo

Lob der Klosterinsel 

Rings von Wasser wild umbrandet,
Stehst du fest, ein Fels der Liebe,
Streuest weit und breit der Lehre
Samenkörner, sel’ge Insel!
Abt Walafried Strabo, im 9. Jahrhundert des Herrn



                                                           

Die Insel, oder besser gesagt Halbinsel Reichenau ist eines der geschichstträchtigsten Gebiete überhaupt. Mehr als die Hälfte ihrer Fläche ist Gemüse-, Früchte- und Blumenland, 50 ha unter Glas, dazu 16 ha Rebland. Der höchste Punkt der Insel (Hohe Warte) liegt auf 438 Metern Höhe und erhebt sich circa 43 Meter über dem Seespiegel. Die meisten Besucher, die mit der Fähre über den Gnadensee, mit dem Auto oder Fahrrad über den „Philosophenweg“ kommen, besuchen jedoch nicht die Gemüseinsel, sondern die drei Kirchen. Sie wandeln auf den Spuren des heiligen Benedikt, dem dieses Werk letztendlich zu verdanken ist. Die Legende berichtet, dass nach der Landung des irsch-fränkischen Mönches Pirmin allerlei hässliches Getier wie Schlangen, Würmer, Asseln und andere Tiere ins Wasser flüchteten. Pirmin erbaute ein hölzernes Gotteshaus nahe des fischreichen Wassers. Der Ort Allensbach gegenüber wurde zum Umschlagplatz von Waren, denn die Mönche konnten sich nur vom Land aus versorgen. Nur drei Jahre blieb Primin auf der Insel, hinterließ jedoch ein Kloster, das zum bedeutendsten des Abendlandes werden sollte.

Der Reichenauer Mönch Hermann der Lahme (1013-1054) berichtet in seiner Chronik zum Jahr 724:
Abt Pirmin
„Der heilige Pirmin wird von den Fürsten Berthold und Nebi zu Karl Martell geführt und von ihm der Reichenau vorgesetzt. Er vertrieb dort die Schlangen und richtet während 3 Jahren das klösterliche Leben ein.“ Nach Pirmin kommen Abt Waldo, Abt Heido, der die Klosterschule zum Blühen brachte. Reginbert baute die Bibliothek zu einer der bedeutendsten ihrer Zeit aus.
Den Höhepunkt an Glanz erreichte die Abtei unter Abt Wahlafried Strabo (808/809-849), Dichter, Gelehrter und Erzieher am Kaiserhof zu Aachen. In jungen Jahren schrieb er die Geschichte des Mönches Wetti auf, die mit der „Göttlichen Komödie“ von Dante in Beziehung gebracht wird. In höherem Lebensalter das „Hortulum“, ein Buch über Gartenbaukunst.

                                                                                                                                              Das Münster in Mittelzell zeugt von 1200 Jahren Geschichte und Glauben. St. Georg in Oberzell(erbaut 900) beherbergt eine einmalige Bilderwelt des 10. Jahrhunderts. Die Wandmalereien sind sehr gut erhalten. St. Peter und Paul in Niederzell wurde durch Bischof Egino von Verona (730-802) gegründet und wurde später zum Teil barock ausgestaltet.

















In seinem Roman „Ekkehard“ beschreibt Victor von Scheffel (1826-1886), wie Ekkehard II. (gest.990) vom Kloster St. Gallen zum Hohentwiel wandert. «Ekkehard hob sein Auge. Hoch aus der Ferne, wie reiche Zukunft, glänzte des Bodensees Spiegel herüber (...). Von mächtiger Haselstaude schnitt er sich einen festen Wanderstab (...). Vergnügt schlug ihm das Herz, wie er einsam fürbass zog. Wie hoffnungsgrün und beseligt ist der Mensch, der in jungen Jahren auf unbekannten Pfaden unbekannter Zukunft entgegenzieht, - die weite Welt vor sich, der Himmel blau und das Herz frisch, als müsst' sein Wanderstab überall, wo er ihn ins Erdreich einstösst, Laub und Blüten treiben und das Glück als goldenen Apfel in seinen Zweigen tragen. Wandre nur immer zu! (...)» 

Ekkehard II. wird die Natur nicht nur als Vergnügen erlebt haben. In einem Fernsehfilm zum Roman wird gezeigt, wie wüst die Gegend war, ohne Weg und Steg; wilde Tiere erhoben ihre Stimmen, da und dort lag eine Leiche am Weg oder am Gestade, vielleicht ist er auch von Räubern überfallen worden. Immer aber wird Ekkehard II. die Kegel der Hegau-Vulkane vor seinen Augen gehabt haben, die sich aus dem Dunst hinter dem See erhoben, darunter der Hohentwiel, auf dem seine schöne Gönnerin, die schwäbische Herzogin Hartwig, ihn erwartete. Dazu heißt es im „Ekkehard“:

Der Hohentwiel! sprach der Fährmann zu Ekkehard. Der hatte das Ziel seiner Fahrt in früheren Tagen noch niemals erschaut, aber es brauchte des Schiffers Wort nicht, um's ihm zu sagen. So musste der Berg sein, den sie zu ihrem Sitze erkoren. (...)Der Fährmann steuerte rüstig vorwärts.


Schon waren sie dem Ufervorsprung, der die Zelle Radolfs und die wenig umliegenden Behausungen trägt, nahe. Da trieb ein seltsam Schifflein im See, roh, ein hohler Baumstamm, aber ganz verdeckt und überhaupt mit grünem Gezweig und Schilfrohr, und war kein Ruderer zu erschauen, der es lenkte. Der Wind schaukelte es dem Geröhricht am Gestade entgegen. Ekkehard ließ seinen Fergen das absonderliche Fahrzeug anhalten. Da stieß derselbe mit seiner Ruderstange in die grüne Verhüllung. Pest und Aussatz Euch ins Gebein! fluchte es mit tiefer Stimme aus der Höhlung hervor, oleum et operam perdidi, Hopfen und Malz ist verloren. Wildgans und Krickente sind des Teufels! Ein Zug Wasservögel, der mit heiserem Geschnatter in der Nähe aufstieg, bestätigte des Fluchenden Ausspruch. 

 Die Spuren Victor von Scheffels ziehen sich durchs Land. Schräg gegenüber der Reichenau, im südlich anmutenden Radolfzell, hatte der Dichter seinen Altersruhesitz auf der Mettnau, in typischer Staffelgiebelweise erbaut.

Die Insel ist auch immer wieder eine kulinarische Offenbarung. Die meisten Gemüsesorten wie Blumenkohl, Fenchel, Tomaten, Sellerie, Radieschen, Salat, Gurken, Broccoli, Möhren und Portulak findet man auf der Reichenau. Dass sie hieher stammen, ist ein Gütesiegel erster Klasse, insbesondere für Gurken und Tomaten. SchonWahlafried Strabo besang in Hexametern Pfirsich, Melone, Kürbis, Rettich, Fenchel und Kräuter wie Minze, Kerbel, Liebstöckel und Eberraute, dazu Rosen und Lilien. Neben den Fischen, die im Bodensee reichhaltig vorkamen, wird das Gemüse -neben Brot, Breien und Wein -zu den Hauptnahrungsmitteln der Mönche gehört haben. Aber viele der im Garten gezogenen Pflanzen dienten nicht nur der Ernährung, sondern auch als Heilmittel.

FENCHEL
Auch die Ehre des Fenchels sei hier nicht verschwiegen; er hebt sich
Kräftig im Sproß, und er strecket zur Seite die Arme der Zweige,
Ziemlich süß von Geschmack und süßen Geruches desgleichen.
Nützen soll er den Augen, wenn Schatten sie trügend befallen,

Und sein Same mit Milch einer Mutterziege getrunken,
Lockre, so sagt man, die Blähung des Magens und fördere lösend
Alsbald den zaudernden Gang der lange verstopften Verdauung.
Ferner vertreibt die Wurzel des Fenchels, vermischt mit dem Weine,
Trank des Lenæus, und so genossen, den keuchenden Husten.
Wahlafried Strabo, Hortulum

Hier noch ein sehr schöner Link auf einen Beitrag zur Reichenau von Maria Mail-Brandt.

In den Zwanziger Jahren gingen auf der Reichenau sämtliche Weinreben durch Frost zugrunde. Die Winzer rissen die Rebstöcke heraus und bauten von da an Gemüse an, weil sie nicht mehr von einer einzigen Kulturpflanze abhängig sein wollten. So ist auch der einzige Wein heute der vom Hochwarth, mit den Sorten Gutedel, Spätburgunder, Grauburgunder, Müller-Thurgau und Muskateller. In der Reichenauer Salatstube, einem nachempfundenen gläsernen Gewächshaus, kann man sich an Salaten, auch an Fleisch, sattessen. Sie werden nach Gewicht berechnet. Mit ca. 170 Sitzplätzen ist sie auch für größere Gruppen geeignet. Hat man nun die Klöster und Kirchen besichtigt und sich in einem der zahlreichen Restaurants Reichenauer Gemüse oder Fisch schmecken lassen, lädt ein Rundweg um die Insel zu einer Wanderung ein, zu Fuß oder mit dem Fahhrad. Der Weg beginnt nahe des Pirmin-Denkmals an der Auffart zur Insel. Immer am Wasser entlang, begleitet von Uferweiden, Schilf und Wasservögeln, gelangt man über St. Georg in Oberzell und Mittelzell bis Unterzell mit Peter und Paul. Bei Mittelzell gibt es ein schönes Strandbad. (Weitere Badeplätze sind überall vorhanden). Am Ufer liegen bunte Steine, immer wieder sieht man bizarre Wurzelformationen, die angeschwemmt wurden. Allensbach und Radolfzell sind zu sehen, später, auf dem Rückweg (Straße) auch Hornstaad und Gaienhofen, Aufenthaltsort von Hermann Hesse, Ludwig Finck und Otto Dix. Am Fährhafen kann man Ruder-und Tretboote mieten. Beim Anblick der Segelschiffe denkt man möglicherweise an Martin Walsers „Fliehendes Pferd“ oder an die Ruderpartien, die Hermann Hesse auf dem See unternommen hat. Sommers wie winters musste der Schriftsteller sein Fleisch im gegenüberliegenden Mammern mit dem Boot holen. Auf dem Rückweg gelangt man über eine leichte Steigung auf die Hohe Warte mit einem Aussichtsturm. Hier breiten sich die Reben der Insel aus, und beim alljährlichen Weinfest feiern Gäste und Inselbewohner zusammen den Wein und die Klosterinsel, die in ihrer Art einmalig ist.

Rezepte:


Paprikaschoten mit Reis, gekochtem Schinken und Frischkäse
Felchenfilets Konstanzer Art
Man nimmt eine feuerfeste Form, gibt etwas Butter, feingewiegte Zwiebel zu, lässt dies leicht andünsten. Nun gibt man das Filet in die Form, belegt es mit Champignons, würzt mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft und Weißwein. Das Ganze wird mit einer Alufolie bedeckt und ca. 10 Minuten bei 200 Grad im Ofen gedämpft. Aus dem entstehenden Fischsud bereitet man eine helle Fischsauce. Dieselbe wird abgeschmeckt mit Eigelb und Sahne und über das nun fertige Felchenfilet gegeben. Dazu reicht man Salzkartoffeln und vielleicht einen Kerner von der Reichenau.

Forelle mit Mandelbutter

Kretzer-Filet mit Mandeln:
Die Kretzer-Filets werden mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft mariniert, in Mehl und geschlagenem Ei gewendet; in halb Butter, halb Öl ca. 2-3 Minuten goldgelb angebraten und auf eine heiße Platte gelegt. Nun lässt man Mandelscheiben in Butter hellgelb bräunen und gibt dies über die Filets. Angerichtet wird mit Zitronenscheiben, Petersilienkartoffeln und Salat. Dazu passt ein Grauburgunder von der Reichenau.
(Beide Rezepte von der Fischhandlung Riebel, Reichenau)




Große Gemüseplatte mit Aioli

1 Kopf Blumenkohl
4 kleine Zucchini
4 gelbe Rüben
4 Kohlrabi
8 Kartoffeln
4 hartgekochte Eier

Aioli:
4 Knoblauchzehen
½ Teelöffel Senf
Sal, 1 Eigelb
350ml Öl
etwas Zitronensaft
Karottensalat mit Äpfeln

Das Gemüse zerteilen und in wenig Salzwasser 15 Min. knackig gar kochen.
Für das Aioli Knoblauchzehen durch eine Presse drücken, mit den anderen Zutaten vermischen ,Öl tropfenweise dazugeben, bis eine feste Konsistenz entsteht. Mit Zitronensaft abschmecken, Alles auf einer Platt anrichten, Aioli in einer kleinen Schüssel dazu stellen.









Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit Ihrem Kommentar erkennen sie die Datenschutzrichtlinien dieses Blogs an. (Oben in der Navigationsleiste)