Auf dem Hohenasperg, rechts die "Schubartstube" |
“Schauer fuhr durch mein Gebein, als sich der Asberg vor mir aus seinem blauen Schleier enthüllte… Der Herzog war selbst zugegen und bezeichnete den Kerker, in dem man mich verwahren sollte… Jetzt rasselte die Türe hinter mir zu, und ich war allein – in einem grauen, düstern Felsenloche allein.”
Durch diese Gasse, stark bewacht und von meterhohen Mauern umschlossen, ist Schubart zu seinem Verlies gebracht worden. Der Hohenasperg wurde im Jahr 1535 von Herzog Ulrich von Württemberg zur Festung ausgebaut, auf den Grundmauern einer keltischen Fliehburg und einer mittelalterlichen Burg.
Wie war es zu dieser Inhaftierung ohne Anklage, ohne Prozess und Urteil gekommen? Seinem Landesvater Herzog Carl Eugen war Schubarts "Deutsche Chronik", die der Dichter zuletzt in Ulm herausbrachte, schon lange ein Dorn im Auge. Darin wetterte der Dichter gegen die Hofhaltung der Fürsten und gegen die Jesuiten, eine staatsunterstützende katholische Vereinigung. Sein Wort hat Macht in deutschen Landen und in Europa. Schubart sitzt am Wirtshaustisch, trinkt, qualmt und setzt den Bürgern lautstark seine Ansichten auseinander, provoziert die Oberen und die Kirche. "Er (der Herzog) hat einen hiesigen Patriziersohn in die Sklavenplantage (die Hohe Carlsschule, wo auch Schiller dressiert werden sollte) aufgenommen. Seine Donna Schmergalina (seine Mätresse Franziska von Hohenheim) sass neben ihm wie Mariane an Achmets Seite. Aller Fürstenglanz ist in meinen Augen nicht mehr als - das Glimmen einer Lichtputze - es glimmt und stinkt."
Carl Eugen kann ihm nichts anhaben, da die freie Reichstadt Ulm nicht unter seinen Hoheitsbereich fällt. Da ersinnt er eine List. Er schickt den Blaubeurer Obmann Scholl nach Ulm, wo dieser feudal mit Schubart tafelt. Sein Schwager, der Professor Gmehlin, wäre gespannt darauf, den Verfasser der "Deutschen Chronik" kennenzulernen. Und Schubart, nicht vor Eitelkeit gefeit, fällt darauf herein. Sobald er das Kloster Blaubeuren erreicht, wird er von drei Offizieren des Herzogs gefangen genommen und eilends zum Hohenasperg verbracht.
Blaubeuren, Ort der Festnahme von Schubart, gegenüber dem Kloster |
Das Arsenalhaus auf dem Asperg, heute ein Museum, April-Oktober |
Doch bald schon verfasste er Gedichte wie "Die Fürstengruft", die sich wie ein Laufffeuer verbreiteten. Carl Eugen verdiente kräftig mit an den schriftlichen Erzeugnissen. Schubarts "Forelle" wurde später von Franz Schubert vertont. Darin spiegelt der Dichter seine einstige Freiheit und die Gefangennahme.
In einem Bächlein helle, Da schoß in froher Eil Die launische Forelle Vorüber wie ein Pfeil. Ich stand an dem Gestade Und sah in süßer Ruh Des muntern Fischleins Bade Im klaren Bächlein zu. Ein Fischer mit der Rute Wohl an dem Ufer stand, Und sah's mit kaltem Blute, Wie sich das Fischlein wand. So lang dem Wasser Helle, So dacht ich, nicht gebricht, So fängt er die Forelle Mit seiner Angel nicht. | Doch endlich ward dem Diebe Die Zeit zu lang. Er macht Das Bächlein tückisch trübe, Und eh ich es gedacht, So zuckte seine Rute, Das Fischlein zappelt dran, Und ich mit regem Blute Sah die Betrogene an. Die ihr am goldenen Quelle Der sicheren Jugend weilt, Denkt doch an die Forelle, Seht ihr Gefahr, so eilt! Meist fehlt ihr nur aus Mangel Der Klugheit, Mädchen, seht Verführer mit der Angel! Sonst blutet ihr zu spät! |
War Schubart wieder auferstanden nach seiner völligen seelisch-moralischen Niederwerfung? Zu seinem neu erwachenden Widerspruchsgeist wird ihn die Unterstützung ermuntert haben, die er im ganzen Lande erhielt. Selbst Johann Wolfgang von Goethe setzte sich für ihn ein. Friedrich Schiller besuchte ihn in seinem Kerker und sagte hernach: "Ein gefangener Mann, ein armer Mann!" Bald darauf, im September 1782, musste Schiller selbst von Stuttgart nach Mannheim fliehen – dem Herzog hatten Die Räuber missfallen. Und zu denen wiederum hatte ihn Schubarts "Geschichte des menschlichen Herzens" inspiriert.
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Schillers Besuch in Schubarts Zelle |
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