Mittwoch, 30. Juli 2014

Bäderromantik im Schwarzwald


Bad Wildbad
Am letzten Wochenende war ein Tripp in den hochsommerlichen Schwarzwald angesagt. Am Freitag, in Bad Liebenzell mussten wir uns vor Gewitterfluten ins Kurhaus flüchten, verbrachten etliche kalte Minuten unter dem Kuppeldach aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Ein seriös aussehender Herr erklärte uns die momentane Bäderkultur, derweil wir angstvoll-entzückt auf die Blitze starrten, die vor dem Kurhaus niedergingen und dem Grollen des Donners lauschten. Die Badekultur sei arg im Niedergang begriffen, erzählte der Herr. Baden-Baden hätte natürlich schon noch einen großen Namen, aber selbst in einst so bedeutenden Orten wie Bad Wildbad sei eigentlich nichts mehr los. Das hatten wir bei verschiedenen Besuchen ebenfalls bemerkt, alles war noch da, aber die Straßen wirkten öd und verlassen. Überall werden Versuche gestartet, wieder mehr Gäste anzulocken, aber auf die ganz normale altmodische Art klappt das wohl nicht mehr. Wer wirklich Ruhe haben will, ist in diesen Bädern gewiss gut aufgehoben. Und was das Altmodische betrifft: Nostalgie-Fans kommen in Bad Liebenzell voll auf ihre Kosten! Da gibt es die Konzertmuschel, da drehen am Nachmittag die Senioren beim Tanztee ihre Runden, im Kurpark gibt es einen großen Apothekergarten, und mehrmals im Sommer wird ein Lichterfest mit gigantischem Feuerwerk veranstaltet. Am Sonntag dann, bei herrlichstem Sonnenschein, fuhren wir durch das Tal der Großen Enz nach Bad Wildbad. 
An diesem Tag war der Ort noch einmal zu vollem Glanz erblüht, denn es endeten nicht nur die Rossini-Tage, nein, die Stadt hatte auch zu einem Tag der offenen Tür geladen. Sorglose Menschen flanierten in den Straßen, um das Kurhaus, das Rossini-Hotel und im Kurpark, Eistüten in den Hand oder einen Kaffee oder Wein vor sich auf dem Tisch. Ein immer wieder bezaubernder Ort, der es verdient hat, besucht zu werden.  Hauptanziehungspunkt ist natürlich der Palais Thermal. An einem verregneten Sonntag im Winter stand ich einmal mit meinem Sohn vor einer endlos langen Schlange in diesem Badepalast, dessen orientalisch angehauchten Luxus ich schon immer einmal kennenlernen wollte! Wir mussten in ein älteres Bad ausweichen (Vital-Bad), das irgendwie an DDR-Zeiten erinnerte. ;-)
Hotel Rossini

Leider gibt es den Schinkenladen mit dem Schwarzwälder Schnaps nicht mehr, die Confiserie mit den köstlichen Pralinen, Geleefrüchten und Schokoladen-Mandel-Splittern schließt im August. Da war selbst ich, die nicht so sehr auf Süßigkeiten steht, mehrfach schwach geworden. In meinen Dateien habe ich eine Beschreibung Wildbads unter den „Orten zum Reinschmecken“ aus dem Jahr 2010 gefunden und gebe sie einfach mal kommentarlos wieder.
Palais Thermal
Der Sage nach wurde im Jahr 1367 Graf Eberhard der Zweite von Württemberg, der Greiner, im Wildbad von den Martinsvögeln überfallen. Mit knapper Not konnte er entkommen und rettete sich auf seine Burg Zavelstein. In Ludwig Uhlands Gedicht "Der Überfall im Wildbad" wird das glorreich dargestellt. Aus Uhlands Balladen erfährt man, dass Württembergs hohe Herren bereits im Mittelalter dieses Bad aufsuchten, „um ihre gichtgepeinigten Gliedmaßen zu pflegen.“ Badeordnung um 1549: Erstlich soll kein Badegast mit einem nassen, sondern mit einem trockenen Badhemd eingehen ...“ Aus dem gleichen Jahr 1549 eine Wirtordnung: „Item 1 Voressen um 4 Heller, Brühe und Fleisch um 4 Heller, 1 paar gesottene Eier um 3 Heller, ein Gemüse um 2 Heller.“ Seit dem Jahr 1811 war der Poet und Mörike-Freund Justinus Kerner Badearzt in Wildbad und schrieb ein Buch über seine Erfahrungen. Nur hier sprudeln im Übrigen heiße Quellen, während in anderen Bädern das Wasser kalt sprudelt und erwärmt werden muss. Im 19. Jahrhundert waren Reisen ins Bad nicht mehr kompliziert, das Leben bürgerlich-beschaulich. 
Badehaus

Wildbads Park ist märchenhaft angelegt, das Bürgerhaus innen eine Sensation in seiner Jugendstil-Ausschmückung mit einem kleinen Museum. Bad Wildbad hat von jeher einen besonderen Bezug zu dem berühmten italienischen Komponisten Rossini, der 1856 einige Wochen im Ort verbrachte und in den Thermen neue Energie tankte. Ein Jahr später - nach jahrzehntelanger Unterbrechung - begann Rossini wieder zu komponieren. Eine reizvolle kleine Plastik zeigt Rossini mit schmerzgekrümmten Rücken.Mit dieser Thermallandschaft wurde ein „Badetempel“ geschaffen, der die angenehmen Seiten des Wassers mit einer Raumgestaltung verbindet, die an sakrale Vorbilder erinnert. Man schwimmt unter den Kuppeln der Gesellschaftsbäder oder lässt sich treiben. Eine Venus, kleine Massagebecken und mit Skulpturen versehene Sitzbecken ergeben zusammen mit den farbigen Fenstern eine großartige Atmosphäre. Ein kleines Bademuseum gibt einen Überblick über die Wildbader Badegeschichte.
Bademuseum im Bürgerhaus
Fühlt man sich gestärkt durch die Anwendung des Wassers, kann man sich im wunderschönen Kurpark ergehen. Er wurde 1699 durch Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg gebaut, zunächst als eine Hainbuchenallee entlang der Enz. Daraus entwickelt sich ein Park mit 15Km Wegenetz, wobei man die steilen Hänge zu beiden Seiten der Enz natürlich integrierte. Es gibt beschauliche Plätze wie den "Rosengarten", den "Schwanensee" mit weißen und schwarzen Schwänen, die "Englische Kirche", den "Maurischen Pavillon" oder das "Schwarzwälder Mühlrad".
Kurpark
Aktive Gäste finden hier Tennisplätze, einen Radweg, Nordic Walking-Strecken und für die Kinder einen Matschplatz mit Barfußpfad. Selbst im Winter ist der Besuch des Parks entdeckungsreich, wenn das Wasser der Enz fast schwarz über die Steine sprudelt und gelbe Blätter auf der Oberfläche treiben.Der Kurpark ist immer geöffnet. Die Endhaltestelle der Stadtbahn S6 endet am Kurparkeingang, mit Anschluss nach Karlsruhe oder Bietigheim-Bissingen. Mit der Sommerberg-Bahn kann man vom Uhlandplatz in weniger als zehn Minuten zum beliebten Ausflugsziel und Wohngebiet Sommerberg fahren, mit Rad- und Wanderwegen bis zum Wildseemoor. Die Aussicht auf Stadt und bewaldete Berge ist fantastisch. Einige Höhenrestaurants sorgen für das leibliche Wohl. Über zahleiche kleine Brücken lässt sich die Enz überqueren, das Bürgerhaus, mit herrlicher Juendstilausschmückung, prächtigen, holzvertäfelten Säulen sowie einem kleinen Museum über Kutschen runden den Besuch der kleinen Badestadt ab. Nach Baden-Baden, der großen Schwester, kann man immer noch fahren, es ist ja nicht weit. Doch Wildbad ist nicht nur eine Erholungs-, sondern auch eine Fest-, Einkaufs- und kulinarische Stadt. Alljährlich im Juli strömen die Musikfreunde hierher, wenn das Belcanto-Festival "Rossini in Wildbad" stattfindet. Einkaufen und schlemmen kann der Gast überall. 

 
Besonders zu erwähnen sind die Geschäfte mit Schwarzwälder Schinken und geräucherten Schäufele, Schwarzwälder Honig und die Confiserien mit allerlei leckeren Pralinen. Wer nicht über eine Kurverordnung nach Wildbad kommt, kann auch die Pauschalen in Anspruch nehmen, die 2-3 Tage umfassen. Zum Beispiel eine Thermen-Pauschale, einen Enztal Mini-Trip oder „Abenteuer Natur im Enztal“ mit Besuch des Wald-Klettergartens und der Hochmoore.
Ausflugstipps:

Neuenbürg im wildromantischen Tal der Enz mit Besucherbergwerk und Schloss. Im Schloss befindet sich das Wilhelm-Hauff-Museum mit einem begehbaren Film „Das kalte Herz.“
Schließlich und endlich wäre noch der Enztalradweg zu erwähnen, der von der Quelle der Enz bis zu ihrer Mündung in den Neckar führt, die Goldschmuckstadt Pforzheim und die Sommerrodelbahn in Poppental.
Anfahrt Bad Liebenzell
Anfahrt Bad Wildbad



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